2021 Lützerath
Mit Achtel und Triole gegen Klimakiller Kohle –
ALLE Dörfer bleiben!
With Quavers and Triplets Against Climate-Killer-Coal – ALL Villages Must Stay!
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Lebenslaute blockiert am 15. August 2021 den Tagebau Garzweiler II
Mit Musik und zivilem Ungehorsam haben wir den Widerstand der bedrohten sechs Dörfer (Lützerath, Keyenberg, Kuckum, Unterwestrich, Oberwestrich, Berverath) am Braunkohle-Baggerloch Garzweiler II unterstützt. In Kooperation mit Die Kirche(n) im Dorf lassen und mit Solidarität von Alle Dörfer Bleiben Rheinland und Buirer für Buir. Die Vorkonzerte fanden im Rahmen von Kultur ohne Kohle statt.
Aktionstage im Rheinischen Revier: 10.-17. August, Lützerath
Aktionsbericht vom 15.08.21 und von den Vorkonzerten am 13./14.08.21
Am Sonntag, 15.08.21, blockierten ab 5:55 Uhr drei Gruppen des Aktionsnetzwerks Lebenslaute von zwei Stellen aus den Tagebau Garzweiler II. Die insgesamt 80 Musiker*innen drangen an drei Stellen in den Tagebau ein und forderten den sofortigen Stopp aller Braunkohle-Tagebaue und den Erhalt der sechs Rand-Dörfer von Garzweiler.
Bericht der LL-Aktionsgruppe “Die Harz-Hexen” (Einstieg im Süden)
Den ersten beiden Gruppen gelang es, pünktlich zum Schichtwechsel die Förderbänder auf einer Werkstraße im Süden stillzulegen und die Straße mit einem klassischen Konzert zu blockieren. Die dritte Musikgruppe verschaffte sich im Norden über einen steilen Abhang einen tieferen Zugang.
Dort gingen der Sicherheitsdienst und Mitarbeiter*innen von RWE zum Teil sehr aggressiv vor. Vier Musiker*innen erlitten leichte bis mittelschwere Verletzungen. Als das Konzert begann und später auch die Polizei eintraf, entspannte sich die Lage. Alle drei Lebenslaute-Gruppen ließen sich zu keinem Zeitpunkt vom Musizieren abhalten.
Kommentar zur Medienkampagne von RWE gegen Lebenslaute
Ungeachtet dessen wurden Aktivist*innen, die ihre Identität nicht bekannt gaben, aus dem Tagebau mit einem RWE-Bus zur Gefangenen-Sammelstelle in Aachen gefahren. Bei allen anderen stellte die Polizei auf Anordnung von RWE noch in der Grube die Personalien fest. Auch sie wurden in einem RWE-Bus abtransportiert. Nicht zuletzt kündigte der Konzern Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs an.
Parallel zu diesen Aktionen Zivilen Ungehorsams begleiteten ab 11:30 Uhr 20 weitere lebenslaute-Aktivist*innen den sonntäglichen Dorfspaziergang. Gemeinsam mit den lokalen und regionalen Bürgerinitiativen und Luisa Neubauer/Fridays for Future als Gast wanderten sie von Lützerath bis kurz vor Holzweiler. „Bella Ciao – We need to wake up“ ertönte, als gleich zu Beginn ein neues Baumhaus hochgezogen wurde. Alle Spaziergänger*innen stimmten ein und sangen mit, wann immer Lebenslaute auf der Wanderung bekannte Protestlieder anstimmte. Das für 14:30 Uhr angekündigte offizielle Abschlusskonzert musste verschoben werden. Zu viele Musikaktivist*innen waren noch nicht von den Blockadeaktionen zurück.
Vorkonzert, 13.08.2021 (Video, youtube): 1. Teil, 2. Teil
Lebenslaute hatte bereits am Freitag, 13. August, in der Scheune des Lützerather Bauern Eckardt Heukamp sowie am Samstag, 14. August, auf dem Schulhof in Wanlo vor insgesamt 250 begeisterten Zuhörer*innen das diesjährige Programm aufgeführt. Zu hören waren Chorwerke, die unter die Haut gingen: Franz Schuberts romantisches „Dörfchen“, die Idylle überlagert von Wolf Brannaskys sarkastischem „Land, Wüste“, ebenso Michelangelo Falvettis „Il Diluvion Universale“. Letzteres, verstörend aktuell, ein Werk über die Sintflut, die verzweifelten Hilfeschreie der Ertrinkenden nicht zu überhören. Höhepunkte waren auch Christiane Niesels wütender Tribunal-Song „Kleines bisschen Piffpaff“ und Lili Boulangers „Hymne an die Sonne“ (Hymne au Soleil), orchestriert von Uli Klan und in dieser Form erstmalig aufgeführt. Den Rahmen bildete das Orchester mit dem 5. Satz aus Beethovens Pastorale und Aram Chatschaturjans mitreißendem Säbeltanz. Und zum Schluss wurde wieder getanzt: Publikum und Chorsänger*innen drehten sich zum vom Orchester schwungvoll gespielten Walzer Schostakowitschs.
In sorgfältig auf die Musik abgestimmten Redebeiträgen erfuhren die aufmerksamen Zuhörer*innen, was die Musikaktivist*innen bewogen hatte, sich gegen die RWE AG und die nordrhein-westfälische Landesregierung zu wenden: „RWE fügt den Menschen und ihren Gemeinschaften Schaden zu. Sie zerstört Landschaften und bedroht die Wasserversorgung. RWE suggeriert Renaturierbarkeit, wo keine ist, beschleunigt die Klimakatastrophe und bürdet der Gesellschaft massive Ewigkeitskosten auf“, erklärte die Pressegruppe Lebenslaute. Unterstützend macht sich die hiesige Landesregierung mit dem Konzern gemein, lässt die Bürger*innen milliardenschwere Entschädigungszahlungen aufbringen und betreibt gezielt Desinformationspolitik, um die Profitinteressen des Konzerns zu schützen. – Zwei Redner*innen betonten die Solidarität der Lebenslaute mit der wetweiten Klimagerechtigkeitsbewegung. Die „Hymne an die Sonne“ wurde eigens für die kriminalisierte und inhaftierte deutsche Klimagerechtigkeits-Aktivistin Ella gespielt.
Musik, auch im Tagebau
Teile dieses anspruchsvollen Programms – sogar „Hymne au Soleil“ und „Il Diluvio Universale“! – erklangen am 15.08. auch in der Kohlegrube. Denn die 90 Musiker*innen, die sich an drei Stellen in den beiden Aktionsgebieten „Harz“ (Schwierigkeitsgrad Mittelgebirge) und „Alpen“ (da Abstieg am Seil über eine steile Böschung) Zugang zum Tagebau verschafft hatten, ließen sich nicht einschüchtern. Unbeirrt vom ruppigen, teilweise gewaltsamen Vorgehen der Security, unbeirrt auch von der später eintreffenden Polizei musizierten sie von Anfang bis Ende ihrer mehrstündigen Besetzung klassische und populäre Chor- und Instrumentalmusik und internationale Lieder.
Ein Triumph der „Harzer“: Da sie ihren Aktionsort noch vor Beginn der Frühschicht erreicht hatten (RWE weiß bis heute nicht, wie sie dorthin gelangten!), konnten sie zügig eine Werkstraße zwischen zwei Förderbändern blockieren. Diese Bänder wurden gar nicht erst angeworfen, und auch der dazugehörige Bagger musste schweigen. Mag RWE auch beteuern, es sei zu keinerlei Produktionseinschränkung gekommen: Den Betrieb hat Lebenslaute allemal gestört!
Ein Nachsatz: Unter dem Dach des Kulturfestivals „KuloKo“ und auf Einladung der Initiative „ALLE Dörfer bleiben“ beteiligte sich Lebenslaute mit dieser Jahresaktion erstmalig an einem Klimacamp. Das war eine gute Erfahrung, die auch diesmal unsere Geschichte um ein Narrativ weitgespannter Vernetzung und Solidarität bereichert. Danke, ALLE Dörfer!
>> Aktionsticker (twitter)
Pressemitteilungen hier. Fotos zur Verfügung bei (UrheberIn: Lebenslaute, falls nicht anders).
>> Pressemitteilungen
Nachspiel 2022
Musikalischer Protest gegen den geplanten Koalitionsvertrag in NRW, 25.06.2022
Repression 2022
Drakonisches Urteil wegen “Hausfriedensbruch”, 12.05.2022
Lebenslaute – RWE 3:0!, 14.03.2022
Klimaschutz ist kein Verbrechen, 03.03.2022
Freispruch kassiert, 22.09.2022
Aktionstage 9.-16. August 2021
Lebenslaute gehen juristisch gegen RWE-Mitarbeitende und Maßnahmen der Polizei vor, 21.11.2021
Lebenslaute-Aktion konsequent gewaltfrei, Gegendarstellung zur RWE-Verlautbarung über eine Aktion Zivilen Ungehorsams im Tagebau Garzweiler II am 15. August 2021, 16.08.2021
6:03 Uhr: Zur Stunde betreten Aktivistinnen und Aktivisten des bundesweiten Netzwerks „Lebenslaute – klassische Musik, politische Aktion“ den Braunkohletagebau Garzweiler, 15.08.2021
Lebenslaute setzt Zeichen gegen Zwangsumsiedlung und Klimazerstörung und kündigt Musikblockade im Bereich des Garzweiler Tagebaus an, 12.08.2021
Kulturfestival, Menschenkette und ziviler Ungehorsam: Tausende Menschen in den Dörfern am Tagebau Garzweiler erwartet, 03.08.2021
Probewochenende 4.-6. Juni 2021
Protestradtour mit klassischer Musik in Lützerath, 06.06.2021
Klassische Konzerte in den bedrohten Dörfern am Tagebau Garzweiler – “Unsere Orte sind voller Leben”, 28.05.2021
>> Medienberichte
Prozessberichte
Hartes Urteil gegen Klimaaktivisten, NGZ Online, 12.05.2022
Gerichtsprozess statt Greenpeace-Spende, DIE HARKE – Nienburger Zeitung, 31.03.2022
Freisprüche für Klimaaktivisten, Rheinische Post, 15.03.2022
Nachspiel für Klima-Aktivisten – Klassik-Musiker sorgten für Turbulenzen im Tagebau Garzweiler, NGZ Online, 14.03.2022
Westblick (Audio, ab Min 15:40), WDR 5, 14.03.2022
Aktivisten vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen, Süddeutsche Zeitung, dpa, 14.03.2022
Aktionsberichte
Nach Anti-Kohle-Protest: Klage gegen RWE, nd, 29.11.2021
Wir lassen uns nicht wie Verbrecher behandeln, junge Welt, 24.11.2021
Gespräch über Lebenslaute und Bericht von der Aktion im Tagebau (Audio), Radio Lora, 06.10.2021
Mit Triole gegen Kohle – Ein Gespräch mit Hans Christoph Stoodt von der Aktionsgruppe “Lebenslaute” (Audio), SR2, 28.08.2021
Keine Hinweise auf gezielte Attacke auf RWE-Mitarbeiter, Süddeutsche Zeitung/dpa, 18.08.2021
Vorberichte
Dirigentin Gabi Lang von “Lebenslaute”: Musik als politische Aktion (Audio), SWR2, 11.08.21
86. Sonntagsspaziergang: Fahrradtour mit Konzert von “lebenslaute”, MutbürgerDokus, 06.06.2021
>> Material
In der Aktionswoche Vorgetragenes/eingesetzte Schriftstücke
Rede der Lebenslaute zum Vorkonzert, Lützerath, Scheune des Bauern Heukamp, 13.08.2021
Probewochenende
Redebeitrag der Lebenslaute im Rahmen eines Gastauftritts bei der Protestradtour von Alle Dörfer Bleiben in Lützerath am Sonntag, 06.06.2021
Mobilisierung
Aufruf-Flyer 2021 – Bildschirmansicht (72 dpi, 1 MB)
Aufruf-Flyer – Druckversion (300 dpi, 7 MB)
Bestellung Flyer zum Verteilen: flyer2021@lebenslaute.net
Bitte angeben: Name, Postanschrift, gewünschte Stückzahl
Konzert-Plakat
>> Aufruf
In diesem Jahr wird über das Schicksal der sechs Dörfer am Rand des Tagebaus Garzweiler II, NRW, entschieden. Sie sollen aus Profit- und Machtinteressen zerstört werden. Lebenslaute wird mit einer Aktion Zivilen Ungehorsams das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ unterstützen. Wir leisten Widerstand gegen den Konzern RWE und die bisherige Politik von CDU/SPD/GRÜNE/FDP auf Landes- und Bundesebene.
Die Klimakatastrophe rückt immer näher, wohingegen die CO2-Emissionsziele immer weiter verschoben werden. Der Braunkohle-Tagebau und die anschließende Verstromung sind überflüssig. Das “Rheinische Revier” ist mit knapp 100 Mio. Tonnen pro Jahr bei weitem das größte Braunkohlerevier Europas. Die Braunkohle hat eine schlechte CO2-Bilanz und trägt mit mehr als 10% zu den deutschen CO2-Emissionen bei. Der Abbau schädigt massiv die physische wie psychische Gesundheit von Menschen. Er tötet Tiere und zerstört Dörfer, Wälder, Ackerland und Natur.
Ungeachtet des Klimawandels forcieren die Bundespolitik, der Laschet-Klüngel und der Konzern RWE den Braunkohletagebau. RWE gräbt dem Hambacher Wald das Wasser ab. RWE hat den Dom von Immerath dem Erdboden gleich gemacht und das Dorf fast komplett abgerissen. Bundes- und die Landesregierungen verhindern durch Gesetzesinitiativen und gezielte Desinformationspolitik den Ausbau regenerativer Energien. Sie hielten ein Gutachten unter Verschluss, in dem belegt wird, dass die Zerstörung der Dörfer für die Sicherung der Energieversorgung überflüssig ist. Überdies bürden sie der Gesellschaft milliardenschwere Entschädigungszahlungen an die Stromkonzerne auf. Zudem erhöhen sie mit jedem weiteren Kohletag die unabsehbaren Folgekosten für die Renaturierung der zerstörten Landschaften. Die favorisierte, vordergründig kostengünstigere Flutung der Tagebaulöcher würde – falls sie überhaupt möglich ist – Jahrzehnte dauern und die klimaänderungsbedingte Wasserknappheit erheblich verschärfen.
Die Klimabewegung und die lokalen Initiativen haben einiges erreicht. In diesem Jahr wird der Beschluss der vorherigen SPD/GRÜNE Landesregierung, die Dörfer abzubaggern, von CDU/FDP in NRW neu entschieden.
Wir wollen den letzten Bewohner von Lützerath, einen Landwirt, in seinem Kampf gegen die anstehende Zwangsenteignung unterstützen. Gemeinsam mit den Bewohner*innen von Keyenberg, Berverath, Kuckum, Oberwestrich und Unterwestrich leisten wir Widerstand gegen die drohende Vernichtung ihrer Heimat und fordern:
ALLE Dörfer bleiben!
Sofortiger Stopp aller Braunkohle-Tagebaue!
Dezentrale, regenerative Energieerzeugung in Bürger*innenhand!
Zukunft für Menschen statt für Macht und Profite!
>> Konzertprogramm 2021
Kommentiertes Programmheft 2021 zum Download
Ludwig van Beethoven – 5. Satz aus der Sinfonie Nr. 6
Hugo Distler – Es geht ein‘ dunkle Wolk‘ herein, Text: Bernd Geisler
Franz Schubert – Das Dörfchen
Wolf Brannasky – Immer mehr Land
Michelangelo Falvetti – drei Chöre aus >Il Diluvio Universale<
Friedrich Glück – In einem kühlen Grunde, Text: Lebenslaute
Christiane Niesel – Kleines bisschen Piffpaff
Lili Boulanger – Hymne au soleil
Aram Chatschaturjan – Säbeltanz
Dmitri D. Schostakowitsch – Walzer Nr. 2 (später in “Suite für Varieté-Orchester″)
Aktionsvorbereitungs- & Probenwochenende: 4.-6. Juni
Ort: Lützerath und Mönchengladbach-Wanlo
Mit einem musikalischen Beitrag zum Start und später zum Zwischenstopp in Lützerath haben wir zum Abschluss unseres Probewochenendes am Sonntag, 06.06.2021, die 200 Radler*innen starke Protestradtour von Alle Dörfer Bleiben unterstützt. Den Redebeitrag von Lebenslaute gibt es hier, einen ausführlichen Medienbericht hier.
Die Fotos sind von Hubert Perschke:
>> Wir suchen auch dieses Jahr…
Lebenslaute freut sich über weitere Musikerinnen aller Chor- und Orchesterstimmen, sowie insbesondere Aktionsunterstützer*innen. Wir bitten alle, die sich musikalisch beteiligen wollen, schon vor dem Probenwochenende ihren Instrumenten- und Chorpart zu üben! Noten werden rechtzeitig zur Verfügung gestellt.
Teile uns bitte mit: Was brauchst Du, um mitmachen zu können (Kinderbetreuung, spezielle Hilfen u.ä.)? Wie möchtest Du Dich beteiligen (Instrument(e), Stimmlage(n), geliebte Orga-Tätigkeiten)?
Kontakt und Anmeldung: lebenslaute2021@riseup.net
Sowohl beim Probenwochenende als auch bei der Aktionswoche gilt: Unterkunft und vegetarisches/veganes Essen gegen Kostenbeteiligung entsprechend den eigenen finanziellen Möglichkeiten (Selbsteinschätzung).
Aktivist*innen können sich unabhängig von den jährlich überregionalen Aktionswochen auf unseren zweisprachig deutsch-englischen E-Mail-Newsletter (bis 10-mal jährlich) eintragen, Kontakt zu unseren Regionalgruppen aufnehmen und Vorschläge für zukünftige Aktionsthemen und -orte schreiben.